Umgangssprache und Standardsprache in Deutschland?

Als niederländischsprachiger Deutschstudent, habe ich einige Fragen über die Situation der deutschen Umgangssprache bzw. Standardsprache in Deutschland.

Zunächst: gibt es überhaupt eine einheitliche deutsche Standardsprache? Ich weiß, dass es in Deutschland Wörterbücher und Grammatiken gibt, worin Regeln für eine richtige ‘Standardsprache’ bzw. ‘Hochsprache’ beschrieben werden. Aber mal ehrlich, so spricht doch kein Mensch in Deutschland?

Dann kommen wir zum Thema der Dialekte und Umgangssprache. Wenn niemand wirklich wie einen deutschen Wörterbuch oder eine deutsche Grammatik redet, gibt es natürlich viele Unterschiedliche deutsche Mundarten, vielleicht je nach Herkunft? So redet einer aus Bayern anders als eine aus Sachsen, usw. Aber gibt es auch eine ‘standardisierte Umgangssprache’, also eine Sprache, die in ganz Deutschland dieselbe ist, aber doch keine Hochsprache ist (denn Hochsprache seie vielleicht eher eine Schriftsprache?). In Belgien gibt es den Begriff tussentaal, gibt es in Deutschland auch so etwas? Und für die Holländer unter uns, jetzt wundere ich mich, ob es in den Niederlanden auch tussentaal gibt? Oder ist dies ein typisches belgisches Phänomen?

Was die Dialekte angeht, verstehe ich, dass es in Deutschland gerade einen Dialektschwund stattfindet. Stimmt das? Und werden Mundarten in Deutschland eigentlich stigmatisiert?

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Hallo Jorik,

ich dachte dass in Hannover das beste Deutsch gesprochen wird. In Holland ist das Haarlem.Den Begriff tussentaal kenne ich in den Niederlanden nicht.

Du darfst hier nicht reden von Holländer, du must Niederländer sagen. :wink:

Grüße,

Jan

Nur ganz kurz, das gesuchte Wort lautet “Hochdeutsch”.

Das ist die Standardsprache.

Wenn im Öffentlichen Fernsehen z.b jemand Dialekt spricht wird es meistens mit Untertiteln in Hochdeutsch übersetzt.

Edit:
Sächsisch wird stigmatisiert.
Der Schwund findet nur bei relativ unbekannten unterdialekten statt, z.b. Saterfrisisch. Das sprechen dann nur ein paar Hundert ältere Menschen und die werden immer weniger.

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Ich denke schon, dass es eine Art “standarddeutsche Umgangssprache” gibt, die sich allerdings regional mehr oder weniger unterscheidet. In Hamburg spricht man anders als in München, in Köln anders als in Leipzig. Trotzdem “einigen” sich gebildete Sprecher aus solchen verschiedenen Ecken schnell auf eine gemeinsame Sprache oder verstehen sich trotz kleiner regionaler Eigenheiten ohne Probleme. Insofern treten die Regiolekte/ Dialekte tatsächlich eher zurück, auch durch Fernsehen, Internet etc.

Ich habe in Hannover, Berlin, Baden, Württemberg und NRW gelebt und überall kleine Besonderheiten aufgenommen, auf die ich auch schnell wieder zurückkomme, wenn ich mal dort bin, die mir aber anderswo nie über die Zunge kämen. In Stuttgart sage ich auch mal “Grüß Gott”, was ich in Berlin tunlichst vermeiden würde, etc.
In der Gegend um Hannover wird tatsächlich das dem Standard-/Bühnendeutsch am nächsten kommende Deutsch gesprochen - es gibt aber auch dort sehr wohl bestimmte sowohl phonetische als auch semantische und grammatikalische Eigenheiten.

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“Grüß Gott” kommt mir auch immer schwer über die Lippen, da ich zum einen nicht aus der Grüß-Gott-Gegend komme und zum anderen Atheistin bin. Aber bei zwei Wochen Wanderurlaub in den Alpen bleibt einem gar nichts anderes übrig. Man kann ja nicht immer nur “Hallo” sagen. Und “Guten Tag” ist dort ganz unüblich.

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Deinen Artikel finde ich total interessant. So weit ich weiß, gibt es den Begriff „tussentaal“ (Zwischensprache) nur in Belgien (im flämischen Gebiet).

Es wird immer gesagt, dass in Hannover, das beste Hochdeutsch gesprochen wird. Doch wie @Oliver erwähnt, gibt es auch dort Besonderheiten.

„Keine Sonderstellung“ – Nicht das beste Hochdeutsch in Hannover …
www.haz.de › Nachrichten › Kultur › Übersicht

Es gibt auch das sogenannte „Kiezdeutsch“ (Jugendsprache, wo besonders viele Migranten leben)

Was die Dialekte angeht, verstehe ich, dass es in Deutschland gerade einen Dialektschwund stattfindet. Stimmt das?
Das weiß ich nicht so genau. Ich finde, dass im Süden Deutschlands teilweise die Dialekte, wie z. B. das Alemannische neu belebt werden.

Bei den Sorben weiß ich, dass sie versuchen, dass das Sorbische in den Schulen erhalten bleibt. Die Sprache ist dem Polnischen sehr ähnlich. :slight_smile:

@BrutallyFrank hat auch im Forum einen interessanten Bericht über Sprachen in den Niederlanden geschrieben.

Grüße
Andrea

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zum Dialektschwund: In Bayern (und vielleicht auch anderswo) gibt es Kindergärten, in denen Bairisch gelehrt wird (anderswo natürlich die entsprechende Mundart). Ob das wirklich hilft, weiß ich nicht.
Insgesamt werden Dialekte heute sicher nicht so negativ gesehen wie vor vielleicht 60 Jahren. Heute ist wohl kaum noch jemand der Meinung, dass es einem Kind schade, zweisprachig oder mit Dialekt- und Hochsprache aufzuwachsen. Es gibt aber eben nicht mehr so viele Leute, die ihren Kindern einen Dialekt mitgeben könnten. Einen gewissen Akzent haben viele, aber ein Akzent ist nicht das Gleiche, wie einen Dialekt zu beherrschen. Erschwert wird dies zudem, weil die Menschen weniger ortsgebunden sind. Wenn ein Bayer eine Hamburgerin heiratet und sie zusammen in Köln wohnen, soll das Kind dann Bairisch, Hamburger Platt oder Kölsch lernen?

Stigmatisierung: Wenn man einen Dialekt/Akzent hauptsächlich aus Satiresendungen o.Ä. kennt, fällt es schwer, jemanden ernst zu nehmen, der diesen Akzent natürlicherweise spricht.

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Vielen Dank für ihre interessante Antworte!

Einen ganz interessanten Artikel! In diesem Artikel wird gesagt, dass es in Deutschland eine mehr und mehr ‚entregionalisierte Sprache‘ gibt. Die kleinen regionalen Merkmale scheinen stark zurückgegangen zu sein, und stattdessen würde es Merkmale geben, die ein lockeres Sprechen im allgemeinen, eine gewisse Informalität ausdrücken. Einige Beispiele: ‚nich‘ statt ‚nicht‘, oder ‚haste‘ statt ‚hast du‘. Was haltet ihr davon?

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Es gibt einen anderen Thread, der sich auch mit dem Thema befasst:

Vielleicht ist im Zusammenhang mit dem „Hochdeutsch“ dieser Artikel nochmal ganz interessant… Da bin ich die Tage drüber gestolpert :slight_smile:

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Schöner Text!

Zum Thema regionale Besonderheiten ist dieser „Test“ ganz unterhaltsam (und erstaunlich präzise):

http://www.spiegel.de/static/happ/wissenschaft/2015/sprachatlas/v2/dist/#/questions

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Hallo Oliver,
interessant ist der Test schon, doch einige Wörter habe ich vermisst.

(und erstaunlich präzise)

Das Ergebnis passt bei mir nicht. :wink:

Bei mir war es mit einer Ungenauigkeit in einem Radius von ca. 50 km exakt richtig :nerd_face: Bei einigen Freunden auch.
Wichtig ist, dass man wirklich die Ausdrücke wählt, die man als Kind in seinem Heimatort verwendet hätte, z.B. mit Schulkameraden. Durch später evtl. woanders aquirierte Begriffe wird es sonst schnell ungenau.

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Das habe ich auch gemacht. :slight_smile:

Bei mir war der Test völlig verkehrt… Aber wer weiß, vielleicht rügt mich meine Kindheitserinnerung auch…

Bei mir hat es auch nicht richtig gepasst.
Ich denke, dass es auch etwas damit zu tun hat, woher die Eltern kommen, denn von denen lernt man doch die Sprache. Gerade solche Ausdrücke wie Schluckauf oder Pfannkuchen werden in der Kindheit erlernt und behält man dann das ganze Leben bei, auch wenn diese Ausdrücke eigentlich nicht zum Ort, in dem man aufwächst, passen.

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Bei mir hat es ziemlich gut gepasst. :grinning:

Das spielt mit Sicherheit auch eine große Rolle

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Keine Ahnung, das kann natürlich sein, wobei meine Eltern aus keiner anderen Gegend kamen. Vermutlich ists für das Programm schwierig, wenn man nicht einigermaßen durchgängig die Ausdrücke braucht, die in einer bestimmten Region verortet werden. Ich wurde in der Gegend Ostfriesland bis Husum verortet und komme aus Ostwestfalen. Schon sehr eigenartig.

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