Hoi, ik ben Gunnar

Auf dieses Forum bin ich gestoßen, weil ich Niederländisch-Lehrbücher für Deutschsprachige suchte und das Buurtaal-Blog gefunden habe. Wie das so oft mit Blogs ist, blieb ich hängen und las einen Artikel nach dem anderen.

Was gibt es über mich zu erzählen? Geboren 1976 in Münster (Westfalen), habe ich die ersten 20 Jahre meines Lebens in Nordwalde im Kreis Steinfurt verbracht – also nur ca. 30 km von der niederländischen Grenze entfernt.

Dass gemessen an der geographischen Nähe die Kontakte mit den nächsten Nachbarn relativ spärlich ausfielen, führe ich auf zwei Gründe zurück: Zum einen die fehlende Möglichkeit, Niederländisch als Fremdsprache in der Schule zu lernen, zum anderen – und sogar noch wichtiger – das Fehlen einer Bahnverbindung nach Enschede. Letzteres wurde erfreulicherweise 2001 behoben.

Zum Studium verschlug es mich nach Paderborn, mit Unterbrechung von einem Jahr als Erasmus-Student in Catania auf Sizilien. Nachdem ich den dortigen Kulturschock überlebt habe, muss ich gestehen, dass mir das jetzige Leben im Ausland wie ein Klacks dagegen vorkommt. Die wichtigsten Erkenntnisse darüber, was die eigene Kultur des Ursprungslandes angeht, habe ich damals zum Glück machen können, so dass ich das für mich bereits abgehakt hatte, bevor ich ausgewandert bin.

Das Jahr in Italien war eine lebensverändernde Erfahrung, die mich dauerhaft beeinflusst hat: Ich bin zum Beispiel deutlich spontaner geworden und rede gerne unter Einsatz meiner Hände.

Nach dem Studium habe ich in meiner Geburtsstadt Münster Arbeit gefunden. Ich bezeichne Münster immer als „niederländischste Stadt Deutschlands“: Der historische Rathaussaal, Unterzeichnungsort des Westfälischen Friedens (und damit „Geburtsort der Niederlande“), das Verhältnis zum Fahrrad (Radweg auf der Promenade, wo früher die mittelalterliche Stadtmauer verlief; dichte Trauben von Rädern als normaler Anblick; echte Radfahrer sind bei Wind und Wetter unterwegs; Fahrräder sind allgemein wichtiger im Straßenverkehr als Autos; die Radstation am Bahnhof…), das Haus der Niederlande – und sogar niederländische Soldaten, die man immer wieder durch die Straßen spazieren oder radeln sieht.

Ein Jahr hat es mich für die Arbeit nach Hamburg verschlagen. Eine internationale Hafenstadt mit weltmännisch eingestellten Bürger und berühmt-berüchtigtem Rotlichtviertel – da liegen die Parallelen zu Amsterdam auf der Hand.

Die Arbeit war es auch, die mich schließlich in die Niederlande brachte – zunächst als Externer und dann mit einer Festanstellung. Seit September 2015 wohne ich in Hoofddorp.

Auch wenn der Name „Hauptdorf“ eher beschaulich klingt, handelt es sich um den Hauptort der Gemeinde Haarlemmermeer, die immerhin über 100.000 Einwohner hat.

Und wem das irgendwie bekannt vorkommt: Richtig, da hatte doch jemand über Haarlemmermeer und Hoofddorp gebloggt:

Sehr lustig für mich: In dem dazugehörigen Video sehe ich Orte, die ca. 5 Minuten von meiner Wohnung entfernt sind und an denen ich praktisch jeden Tag vorbeikomme.

Einige Kollegen aus Amsterdam wundern sich, warum ich in Hoofddorp lebe. Sobald sie die Größe meiner Wohnung sehen, hat sich die Sache erledigt – das ist hier noch bezahlbar. Dazu kommt, dass ich in weniger als 15 Minuten mit dem Fahrrad zur Arbeit fahren kann, nicht durch irgendwelche Ausfälle im ÖPNV behindert werde und zum Einkaufen mal eben ins Zentrum gehe – eine sehr einfache Logistik und viel geschenkte Lebenszeit, besonders im Vergleich zu meinen Jahren als wöchentlicher Pendler!

Der Clou für mich ist, dass ich einen internationalen Flughafen vier Minuten mit dem Zug entfernt von mir habe – nur eine Bahnhaltestelle. Das ist näher als Amsterdam selbst und ich habe keinen Fluglärm. Etwa einmal im Monat reise ich ein Wochenende nach Deutschland. Das sind etwa 3,5 Stunden mit der Bahn. Für „ins Ausland gezogen“ bin ich also der alten Heimat erstaunlich nahe.

Jeden Tag bringe ich es auf mindestens vier Sprachen: Die Arbeit ist auf Englisch, zu Hause wird Esperanto gesprochen und im Alltag erledige ich soviel es geht auf Niederländisch. Deutsch ist die Sprache geworden, die ich am wenigsten gesprochen verwende, auf der ich aber nach wie vor am besten politische Debatten und weltanschauliche Diskussionen verfolgen kann. Dazu kommt noch, was ich sonst als Fremdsprache gelernt habe und bei Gelegenheit gebrauchen kann. Hoofddorp ist angenehm international.

Am meisten bedauere ich, dass ich es bisher nie zeitlich geschafft habe, einen „ordentlichen“ Niederländischkurs speziell für Deutschsprachige zu besuchen. Ich wollte immer zu dem am Goethe-Institut in Amsterdam, aber die Arbeit hat mich zwei Jahre gut auf Trab gehalten.

Für einen allgemeinen Sprachkurs sind Deutsch und Niederländisch viel zu nahe beieinander. Da würde es mir an vielen Stellen viel zu langsam voran gehen. Schon Erklärungen auf Englisch sind mir ein Gräuel, weil sie meistens einen Umweg aus sprachlicher Sicht darstellen. Auf der anderen Seite möchte ich typische Fehler von Deutsch-Muttersprachlern vermeiden.

Was ich bisher gemacht habe: Ganz bescheiden angefangen habe ich mit dem Kauderwelsch Wort für Wort, das sich aber vom ersten Tag an ausgezahlt hat. Bislang habe ich den Niederländisch-Kurs bei Duolingo gemacht (und bin dabei, ihn ein zweites Mal abzuschließen, nachdem er großflächig überarbeitet worden war). Immerhin habe ich jetzt das Buch „Nederlands in gang“ von Coutinho und ich beabsichtige, mir noch mehr zum Selbststudium zuzulegen. Als einfache Freude gönne ich mir ab und zu Donald-Duck-Comics auf Niederländisch.

Lesen und passives Verständnis sind inzwischen recht gut. Bei der gesprochenen Sprache muss ich ab und zu noch darum bitten, etwas langsamer zu sprechen. Ich vergleiche mein Niveau dann mit dem eines Kindes oder eines sehr einfältigen Erwachsenen. Größte Schwachstelle ist bisher die Aussprache, gefolgt von Grammatik und aktivem Wortschatz.

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Wow, wie schön so viel von dir zu lesen, Gunnar!

Ik reageer even kort (want ik moet naar het werk (ik geef Nederlands)) op een detail: wat leuk dat je ook in Italië was. Ik heb ook een tijd in Italië gewoond, in Bari, Puglia. Een hele mooie ervaring. Spreek je ook Italiaans?

Und natürlich wünsche ich dir: Herzlich Willkommen in unserem Forum :slight_smile:

Een hele fijne dag, groeten uit Aken,

Ralf

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Italienisch spreche ich noch immer, auch wenn es nicht mehr so gut ist wie zu seinen Spitzenzeiten. Das dürfte aber auch verständlich sein. Es reicht in jedem Fall aus, um italienischen Reisenden im Ausland zu helfen oder einfach mal so auf der Straße ein Schwätzchen zu beginnen. Das ist mir übrigens auch schon in Hoofddorp gelungen!

Viel wichtiger ist, dass Italien nie wieder ein “fremdes” Land geworden ist, auch wenn ich es zwischendurch einige Jahre nicht besucht habe. Ich habe immer das Gefühl einer zweiten Heimat.

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Das geht mir genauso, Gunnar :slight_smile: